Terra Infinita – Die Female Fronted Metalsensation im Interview mit Blatttturbo! (Musikplaylist) [ Alternative Metal | Melodic Death Metal | Industrial Metal ]

Mit donnernder Wucht, scheppernden Maschinenbeaten und schillernden Klanglandschaften stürmt TERRA INFINITA aus den Schatten – ein Projekt, das sich konsequent dem Blick der Öffentlichkeit entzieht und doch unüberhörbar ist. Nach Jahren des lautlosen Formens hat das maskierte Kollektiv jüngst sein Debüt „ZEITENWENDE“ entfesselt – ein Manifest, das Death-Metal-Riffgewalt, Alternative-Metal-Melancholie und Industrial-Metal-Kälte zu einem „auditiven Ritual“ verschmelzt. Hinter den anonymen Masken steckt keine klassische Band mit schillernden Egos, sondern ein bewusstes Gegenbild zur permanenten Selbstvermarktung: eine Idee, die die Grenzen zwischen Identität und Klang zum Einsturz bringt. Wer TERRA INFINITA lauscht, betritt ein Klanglabyrinth, in dem brachiale Gitarren, orchestrale Weite und flüsternde Zwischentöne zu filmischen Tableaus verschmelzen – ein Soundtrack für innere Revolutionen. Dieses Interview führt durch die Schleier ihres Schweigens und öffnet die Tore zu einer Welt, in der Musik mehr sein will als bloße Unterhaltung: eine Einladung, sich im Echo des Unbekannten neu zu erfinden.

Erlebt hier Zeitenwende von Terra Infita

1. Wie geht es euch – stellt euch bitte kurz vor: Wer verbirgt sich hinter den Masken von Terra Infinita?

Danke gut! TERRA INFINITA ist keine Band im klassischen Sinn, sondern ein Projekt, das sich bewusst der Selbstdarstellung entzieht. Es sind keine Gesichter mit Social-Media-Profilen, sondern eine Idee, die sich gegen die Selbstausbeutung der heutigen Medienkultur stellt. Hinter den Masken stehen keine Namen, keine Egos, keine Biografien – sondern Fragmente einer größeren Vision. Identität ist irrelevant. Entscheidend ist, was durch den Schleier hindurch spricht: Musik, die mehr will als unterhalten. Bilder, die sich nicht erklären. Worte, die zum Spiegel werden. In einer Zeit, in der jeder alles preisgeben muss, in der exzessive Selbstdarstellung zur Norm geworden ist, ist das Verborgene vielleicht das Radikalste, was man noch tun kann. 

2. Wenn ihr an den Moment denkt, in dem ein neuer Song entsteht – welche Emotion taucht zuerst auf, noch bevor ihr eine Note schreibt?

Es beginnt oft mit einer inneren Spannung – eine Mischung aus Sehnsucht, Unruhe und einem fast körperlichen Bedürfnis, etwas Unsichtbares hörbar zu machen. Bevor die erste Note existiert, entsteht ein Raum, der sich mit Bedeutung füllen will. Dieser Zustand gleicht einem tiefen Einatmen kurz vor einem Sprung.

3. Euer Sound vereint Melodic-Death-Wucht, Industrial-Härte und Metalcore-Emotionalität. Wie fühlt es sich an, wenn diese drei Energien im Studio kollidieren?

Wie das Entladen einer Naturgewalt: unkontrollierbar und präzise zugleich. Wenn sich diese Energien verbinden, entsteht ein Moment völliger Klarheit – ein Gänsehautmoment, in dem Frequenzen nicht nur gehört, sondern im ganzen Körper gespürt werden. Kein Denken mehr – nur noch Spüren. Sobald sich alle Elemente ineinanderschieben ist es, als hätte man eine verborgene Formel geknackt, dann ist der Sound genau so, wie er sein soll.

Copyright: Terra Infinita (Mit freundlicher Genehmigung der Band)

4. Ihr beschreibt eure Musik als „auditives Ritual“. Was passiert innerlich bei euch, sobald dieses Ritual beginnt?

Es ist wie das Öffnen eines Kanals. Sobald der erste Ton erklingt, ändert sich die Wahrnehmung – Zeit dehnt sich, Gedanken treten zurück. Die Musik führt durch Räume, die mit Worten nicht mehr zu erreichen sind. Es ist kein Prozess des Tuns, sondern des Zulassens.

5. Viele Hörer bekommen sicher Gänsehaut, wenn weiblicher Klargesang auf männliche Growls trifft. Welche Gefühle löst dieser Kontrast in euch selbst aus?

Dieser Kontrast erzeugt Reibung – aber auch ein Gleichgewicht. Er steht für das Aufeinandertreffen von Intuition und Instinkt, Verletzlichkeit und Kraft. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit liegt die Kraft, Emotionen unausweichlich zu machen. Klanglich schafft das eine Dynamik, die Gänsehaut erzeugt – nicht nur bei den Hörenden.

6.  Auf welchen inneren Bildern basiert euer Wechsel zwischen brachialen Gitarren und orchestraler Weite?

Diese Kontraste spiegeln innere Landschaften wider, basierend auf den Themen der Songs – Ruinen, brennender Horizont, Stürme, Lichtungen oder uralten Ritualplätze. 

Die Gitarren stehen dabei für das Archaische, das Körperliche, das Unmittelbare. Die orchestralen Elemente hingegen öffnen Räume – wie ein plötzlicher Blick in den Himmel nach einem Erdbeben. Dieses Wechselspiel ist wie ein filmisches Schneiden zwischen Nahaufnahme und Totale: Es schafft emotionale Tiefe, indem es das Große im Kleinen und das Gewaltige im Stillen hörbar macht.

7. Ihr arbeitet zweisprachig. Wonach entscheidet ihr, in welcher Sprache eine Emotion authentischer klingt?

Diese Entscheidung entsteht oft intuitiv schon beim Schreiben. Manchmal führt der Klang der Sprache zum Inhalt – manchmal umgekehrt. Es kann jedoch passieren, dass sich der Eindruck ändert, sobald Musik und Stimme aufeinandertreffen. Dann wird angepasst, bis Klang und Inhalt kongruent wirken. Letztlich entscheidet aber nicht der Verstand, sondern das akustische Gefühl von Authentizität.

8.  Euer Narrativ beginnt in einem digitalen Niemandsland. Wann habt ihr gespürt, dass eure Musik mehr ist als „nur Songs“?

Der Ursprung im digitalen Niemandsland war nicht sofort das, was man heute als TERRA INFINITA hört. Es begann mit roher Energie – Punk, einfache Metalstrukturen, Texte noch komplett in englisch oft thematisch von Dystopien geprägt. Doch je mehr sich die Themen vertieften, desto mehr wuchs das Bedürfnis, auch musikalisch neue Ebenen zu erschließen. Verschiedene Metalstile wurden ausprobiert, gegeneinander ausgespielt, miteinander verschmolzen. Und dann war da plötzlich diese Mischung – brachial, komplex, emotional aufgeladen. Eine Energie, die alles Vorherige überstrahlte. In Verbindung mit den vielschichtigen Texten begann sich etwas zu formen, das unter die Haut ging. Das war der Moment, den du ansprichst.

9. Jeder Track soll einen „Code“ enthalten, der das Unterbewusstsein anspricht. Wie berühren euch Fan-Reaktionen, wenn jemand tatsächlich etwas entschlüsselt?

Sehr – denn es zeigt, dass die Musik nicht nur gehört, sondern durchdrungen wird. Kurz nach dem Release von ZEITENWENDE berichtete  ein gerade mal 16-jähriger Hörer, was er in „Fremdgedacht“ für sich entschlüsselt hatte. Solche Momente bestätigen, dass die Musik das erreicht, was sie im Kern sein will: ein Spiegel.

10.  Gibt es beim Komponieren einen Punkt, an dem ihr bewusst loslasst und die Musik euch führt?
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Ja, dieser Punkt ist entscheidend. Bis dahin ist alles Konstruktion. Danach beginnt das unbewusste Fließen. Nur in diesem Zustand kann Musik wirklich sprechen. 

11.  Eure Klangarchitektur ist extrem detailreich. Wie bewahrt ihr trotz vieler Layer die Roh-Emotion eines Demos?

Eine sehr gute Frage – denn genau hier liegt eine der größten Herausforderungen im Produktionsprozess: Ab einem bestimmten Punkt können zu viele Layer die ursprüngliche Emotion überlagern oder sogar ersticken. Der Schlüssel liegt in feinfühliger Iteration und der Bereitschaft, notfalls zurückzubauen. Es ist oft eine Gratwanderung – nicht alles gelingt beim ersten Versuch. Bei „Das Gift in Dir“ etwa mussten wieder Elemente entfernt werden, um zur rohen Energie des Demos zurückzufinden. Statt Perfektion wurden gezielt Unreinheiten zugelassen – wie das eigentlich unerwünschte Brummen des Gitarrenamps am Ende. Gerade diese Imperfektion hat den emotionalen Kern wieder freigelegt.

12. Welche Bedeutung hat Stille in euren Songs – die Sekunden zwischen zwei wuchtigen Passagen?

Stille ist keine Leere. Sie ist das Innehalten – das scharfe Einatmen vor dem nächsten Schlag. Sie ist ein Gestaltungselement mit eigenem Gewicht. In diesen Momenten entsteht Raum für Reflexion, für das Echo des zuvor Gehörten – gleichzeitig ist es aber auch der Moment maximaler Spannung damit das Kommende umso mehr wirken kann.

13.  Wie verändert sich eure Stimmung, wenn ihr zwischen Frequenz-Experimenten und klassischen Band-Takes wechselt?

Diese Übergänge markieren Brüche – nicht nur im Klang, sondern auch im Arbeitsprozess. Die Teile entstehen an verschiedenen Orten und werden digital zusammengeführt. Erst wenn sie harmonieren, beginnt das eigentliche Sounddesign. Der Wechsel erzeugt neue Dynamik – wie ein Dialog zwischen Maschinenraum und Kathedrale.

14. Eure Stücke wirken wie Soundtracks für innere Filme. Seht ihr konkrete Szenen vor euch oder eher abstrakte Farben und Formen?

Es sind meist klare Szenen – fast wie filmische Tableaus. Jedes Stück besitzt ein eigenes visuelles Narrativ, das auch in den individuellen Artworks der Songs zum Ausdruck kommt. Deshalb trägt jeder Song ein eigenes visuelles Fragment. Aktuell sind sie ausschließlich auf Bandcamp und auf der TERRA INFINITA Homepage zu finden. 

15. Welche persönliche Erfahrung hat euch zuletzt so bewegt, dass sie direkt in einen neuen Song geflossen ist?

Zuletzt war es eine Reflexion über Eigenständigkeit und den Mut, sich gegen Konformität zu stellen. Die Erkenntnis, dass wahre Größe oft Ablehnung bedeutet und dass genau dieser Widerstand zur inneren Stärke werden kann. Der daraus entstandene, noch unveröffentlichte Song trägt den Titel „Sei der Sturm“ – eine Ode an den Mut, die eigene Wahrheit zu leben, auch wenn das Ausgrenzung bedeutet.

16.  Wie fühlt es sich an, die eigene Identität hinter Masken verschwinden zu lassen – befreiend oder manchmal beängstigend?


Befreiend – radikal befreiend. In einer Welt, in der jeder ständig gesehen, bewertet und wiedererkannt werden will, ist das Unsichtbarwerden fast schon ein Akt des Widerstands. Die Maske schützt nicht nur – sie entlastet. Identität wird dadurch fluide. Das Ego tritt zurück, die Botschaft wird klarer. Angst entsteht meist nur dort, wo Festhalten wichtiger ist als Loslassen.

17.  Zeitenwende heißt euer Debüt. Welche innere „Wende“ wollt ihr bei Hörenden auslösen, wenn der letzte Ton verhallt?

Etwas, dass im Inneren bleibt – ein Nachhall, der Fragen stellt, die vorher nicht da waren. Vielleicht ein leiser Zweifel am Offensichtlichen. Vielleicht ein neuer Blick auf sich selbst. Im besten Fall hinterlässt TERRA INFINITA kein fertiges Bild, sondern eine Leerstelle – ein Echo, das dazu auffordert, weiterzudenken, weiterzuspüren, weiterzusuchen.

18.   Ihr sagt, Musik sei ein Weg und kein Ziel. Was entdeckt ihr selbst, wenn ihr diesen Weg immer wieder neu beschreitet?

Unbekanntes im Bekannten. Fragmente, die erst im Rückblick Sinn ergeben. Der Weg ist ein Spiegel – er zeigt, was man sonst übersieht. Und manchmal zeigt er auch das, wovor man sich selbst schützen wollte.

19. Welche Emotion treibt euch stärker an: Neugier aufs Unbekannte oder Unruhe über das Bekannte?

Beides bedingt sich gegenseitig. Die Unruhe über das Bekannte ist oft der erste Impuls. Doch nur Neugier schafft die Öffnung ins Neue. Ohne die eine regt sich die andere nicht.

20.  Ihr sprecht von einem kollektiven Bewusstsein hinter Terra Infinita. Wann spürt ihr diese kollektive Energie am intensivsten?

Wenn der einzelne Gedanke aufhört und sich das Ganze wie von selbst weiterbewegt. In Momenten, in denen sich Klang, Text und Bild nicht mehr getrennt anfühlen. Wenn es keine Autorschaft mehr gibt, sondern nur das, was entsteht.

21.  Field-Recordings wie Herzschläge finden sich in euren Songs. Welcher organische Klang hat euch emotional am tiefsten bewegt?

Was kann emotionaler sein als ein Herzschlag? Der Herzschlag macht hörbar, was man sonst nur fühlt. Und genau darum geht es bei TERRA INFINITA – um das Fühlen hinter dem Hören.

22.  Wenn ihr Live-Rituale plant: Welche Atmosphäre möchtet ihr im Raum fühlen, bevor der erste Ton erklingt?

Knisternde Stille. Kein Applaus, keine Geräusche – nur gespannte Erwartung. Der Raum soll leer sein von Ablenkung, aber voll von Aufmerksamkeit. Das Ritual beginnt lange vor dem Klang.

23.  Viele Fans nennen eure Musik ein „Erweckungserlebnis“. Welche Verantwortung spürt ihr, wenn Kunst so intensiv wirkt?

Kunst, die tief berührt, trägt Verantwortung – nicht für Antworten, sondern für Fragen. Es geht nicht darum, vorzugeben, was gedacht werden soll, sondern Räume zu öffnen, in denen Eigenes gedacht werden kann.

24. Gibt es kreative Momente, in denen ihr bewusst Schwäche oder Zweifel zulasst, um mehr Tiefe zu erreichen?

Unbedingt – diese Momente sind nicht nur erlaubt – sie sind notwendig. Zweifel erzeugt Tiefe, Schwäche bringt Wahrhaftigkeit. Nur wer sich innerlich offenbart, kann äußere Wirkung erzeugen.

25. Stellt euch vor, die Reise von Terra Infinita endet eines Tages – welche Emotion möchtet ihr dann als Vermächtnis hinterlassen?

Mut. Der Mut, Fragen zu stellen, das Offensichtliche zu hinterfragen, wo sich die Masse zufrieden gibt. Den Mut den eigenen inneren Kompass über äußere Orientierung zu stellen. Nicht als Antwort – sondern als Impuls zur Selbstermächtigung.

Interview von Philipp Gottfried aka. Pfnörki

Mehr zu Terra Infinita im Netz:

Terra Infinita – Die offizielle Homepage:
https://terra-infinita.com

Terra Infinita bei Bandcamp:
https://terra-infinita.bandcamp.com

Terra Infinita bei Spotify anhören:
https://open.spotify.comartist/3HYMmqdnNxmLv9Yh9PdYkM

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