Mit „Caller ID“ öffnen Hi Mum ein neues Kapitel ihrer noch jungen Erzählwelt und kippen ein wenig Schatten in den bislang warm getönten Klang. Der sonnige Schleier von Salem bleibt im Hintergrund spürbar, doch die Konturen verschwimmen. Verzerrung, Distanz und ein Hauch von Schwere betreten die Szenerie — ohne die unverwechselbare Leichtigkeit der Band zu ersticken. Hier wird nicht einfach ein zweiter Song veröffentlicht, sondern ein Gefühl weitergesponnen.
Zwischen Weichzeichner und Warnsignal — Der Kern von „Caller ID“
Der Track bewegt sich elegant zwischen Shoegaze-Nebel und fragiler Indie-Sensibilität. Die Gitarren flirren, dehnen sich, wogen wie ein stetiger Anrufversuch ins Leere, während der Gesang eine beinahe schwebende Ratlosigkeit transportiert. Man spürt die innere Spannung der Unerreichbarkeit: das vergebliche Warten, das verklingende Freizeichen, die Selbstzweifel, die im Subtext brodeln.
Die Lyrics machen diesen Zustand greifbar, fast körperlich. Das tropfende Telefon, das monotone Dauersignal, die Unsicherheit, die zwischen den Worten klebt — „Caller ID“ klingt wie ein verlorener Dialog, der nie stattfinden durfte. Die Zeilen pendeln zwischen Rückzug und Versuch, zwischen Mut und Vermeidung. In diesem Widerspruch entfaltet der Song seine eigentliche Kraft: Der Anruf wird zur Metapher für Nähe, die man nicht greifen kann, und für Menschen, die gleichzeitig gesucht und gefürchtet werden.
Musikalisch bleibt Hi Mum trotz der dunkleren Note leichtfüßig. Der Track ist dicht, aber nicht schwer, verzerrt, aber nicht drückend. Die Band schafft es, Melancholie mit Schweben zu verbinden und genau jenen bittersüßen Zustand einzufangen, der entsteht, wenn man jemanden erreichen will, der längst entglitten ist.
Fazit — Ein leiser Sturm, der nachhallt
„Caller ID“ zeigt Hi Mum in einer nuancierteren, reiferen Form. Der Song erweitert ihre Ästhetik, ohne sie zu verleugnen, und baut die erzählerische Linie von Salem subtil weiter. Wer Musik liebt, die Gefühle nicht ausruft, sondern langsam unter die Haut arbeitet, findet hier ein Stück, das hängen bleibt — wie ein verpasster Anruf, den man viel zu spät bemerkt.
Autor: Martin „Otte“ Oertel

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