Seit gut drei Jahrzehnten ziehen Minotaurus aus dem unterfränkischen Aschaffenburg ihre Schneise durch Medieval-Folk- und Power-Metal. Aus der Neunziger-Band mit Mythen-Faible ist eine Truppe geworden, die Geschichten nicht nur erzählt, sondern komplett ausstaffiert – inklusive Kostümen, Licht und theatralischen Posen.
Über Alben wie „Path Of Burning Torches“, „Myth Or Reality“, „The Lonely Dwarf“ oder „Victims Of The Underworld“ erspielte sich die Band ihren Ruf als Live-Institution, unter anderem an der Seite von Subway To Sally und Freedom Call.
Mit „Memories In The Haze“ geht es nun beim Independentlabel NRT-Records weiter – vermittelt von Metal-YouTuber Frank Kelch alias RuhrpottPälzer. Das komplette Album lief schon vorab auf YouTube, der Clip zu „Coming Home“ kletterte in den YouTube-Hype-Charts bis nach Platz 64 (Platz 4 unter der Kategorie Musik). Kurz gesagt: Die Bühne für dieses Album war bestens vorbereitet.
Epischer Einstieg: Kosmos, Kriegsnebel, Piratensturm
Der Opener „Master Of The Universe“ macht direkt klar, dass die sechsjährige Pause seit „Victims Of The Underworld“ produktiv genutzt wurde. Rouven Zumkeller legt einen trockenen Groove vor, Marcus Finger zieht die Basslinie drunter, die Gitarren von Rainer Zumkeller und Jürgen Hermann wachsen vom Riff zur Wand. Darüber die Doppelspitze: Oliver Klump mit rauer Wärme, Clarissa Hobeck mit souveränem Sopran – mehr Metal-Theater als Proberaumgesang, aber ohne in Kitsch zu kippen.

Rainer Zumkeller: Gitarre
Jürgen Hermann: Gitarre (hinten)
Oliver Klump: Gesang (vorne)
Marcus Finger: Bass (hinten)
Clarissa Hobeck: Gesang (vorne)
Rouven Zumkeller: Drums
Der Titelsong „Memories In The Haze“ zieht danach den Vorhang über ein Schlachtfeld: ein einziger Überlebender, Blutströme, die „like rivers to the sea“ fließen. Musikalisch pendelt das zwischen treibendem 4/4 und kurzen Blast-Spitzen. Der Refrain im Duett von Hobeck/Klump klebt sofort, die Leadgitarren setzen nur gezielt Stiche statt Dauerfeuer.
„Coming Home“ wechselt dann vom Schlachtfeld auf die offene See. Eine Piratencrew gerät in den Sturm, entdeckt das eigene Ende und versucht in letzter Minute Läuterung. Akustikgitarre und Violine führen zart hinein, dann schaltet der Song in schweren, leicht gothisch gefärbten Metal um. Clarissa Hobeck erzählt erst intime Beichte, dann dramatischen Untergang, während Drums und Gitarren in bester Kanonenschlag-Manier nachlegen.
Schiller, Zwerge und verlorene Seelen
Einen ihrer spannendsten Züge machen Minotaurus mit zwei Schiller-Vertonungen. „Der Jüngling Am Bache“ steht auf Midtempo-Drums und sauber ausgebautem Lead-Riff, darüber ein dialogartiger Kanon von Hobeck und Klump. Der Originaltext bleibt unangetastet, bekommt aber ein Folk-Metal-Gewand, das eher nach Lagerfeuer als nach Oberstufenstunde klingt.
„Sehnsucht“ geht noch weiter Richtung Melancholie: unverzerrte Gitarren, Violine im Hintergrund, viel Raum für die Gesangslinien. Verzweiflung, Hoffnung, Unerreichbarkeit – alles drin, aber ohne Zuckerguss. Hier zeigen Minotaurus, dass sie Pathos beherrschen, ohne ins Schluchzen abzudriften.
Mit „D.R.I.P.“ („Dwarfs Rest In Peace“) wird die Zwergensaga um „The Lonely Dwarf“ endgültig zu Grabe getragen. Galoppierende Gitarren, Doublebass aus der Dauersalve und ein Refrain, der nach dem zweiten Durchlauf im Kopf bleibt, machen den Song zur Pflichtnummer im Live-Set. Hobeck und Klump erzählen mit dicker Geste, ohne die Bodenhaftung zu verlieren.
„Lonely Prisoner“, von Clarissa Hobeck geschrieben und fast vollständig gesungen, nimmt dagegen radikal Tempo raus. Akustikgitarren, dezente Streicher, viel Stille zwischen den Tönen – dazu die Stimme einer zu Unrecht zum Tode verurteilten Figur. Technisch zurückhaltend, emotional einer der dicksten Treffer der Platte.
„Heroes“ liefert dazu Ritterpathos im hymnischen Midtempo, inklusive Chor und Tafelrunden-Kino im Kopf. Gut gebaut, aber im Vergleich zu den stärksten Stücken eher der solide Albumleim als der heimliche Favorit.
Gaming, Klassiker-Update und Metaltango zum Abschied
„Proud Kings Of Avalon“ schlägt die Brücke von Tafelrunde zu Tastatur. Thema: Eskapismus über RPGs, in denen Avalon-Mythos und moderne Gaming-Welt kollidieren. Musikalisch gibt es Doublebass-getriebenen Power Metal, tief gestimmte Gitarren und einen Refrain, der wie gemacht ist für mitgereckte Fäuste – eine Gegenwartsnotiz, die erstaunlich gut ins Minotaurus-Universum passt.
Bei „Tears Of A Hero“ greifen Minotaurus tief in den eigenen Backkatalog. Neuaufnahmen alter Bandklassiker hinken dem Original oft nur hinterher – hier verhält es sich genau umgekehrt. Die Neuinterpretation, erstmals mit weiblichem Gesang, wirkt nicht wie ein lauwarmer Aufguss, sondern wie Lava, heiß und explosiv. Der 1999 auf „Path Of Burning Torches“ erschienene Song wird zum breiter produzierten Duett, in dem Clarissa Hobeck und Oliver Klump die Tragik des Stoffes neu aufladen, während eine Violine die Wunde noch ein Stück weiter aufreißt.
Zum Schluss sagt „Goodbye“ im Schunkel-Modus „bis später“ statt „für immer leb wohl“. Moderate Geschwindigkeit, präzise gesetzte Instrumentierung, großer Refrain – ein brüderlicher Gruß an die Fanbasis, der eher nach nächstem Kapitel als nach Abspann klingt.

Unsere Wertung:
Unser Fazit:
„Memories In The Haze“ zeigt, warum Minotaurus in ihrer Nische seit Jahren nicht wegzudenken sind. Ancient Medieval Metal, Power-Metal-Wucht, Folk-Momente und ein klarer erzählerischer Anspruch greifen ineinander. Die Doppelspitze Clarissa Hobeck / Oliver Klump, das eingespielte Fundament aus Rouven Zumkeller, Marcus Finger, Rainer Zumkeller und Jürgen Hermann sowie das detailverliebte Songwriting sorgen für ein Album, das man problemlos mehrfach am Stück laufen lassen kann.
Der Block aus Schiller-Vertonungen, Titelsong, „Coming Home“, „D.R.I.P.“ und der neuen „Tears Of A Hero“-Version sticht klar heraus, kleinere Durchhänger wie die etwas unruhige arrangements wie auf „Heroes“ fallen da kaum ins Gewicht. Unterm Strich ist „Memories In The Haze“ ein mehr als würdiger Meilenstein im Minotaurus-Schaffen – und eine klare Empfehlung für alle, die epische Stoffe, starkes Storytelling und ein eingespieltes female/male-Frontduo zu schätzen wissen.
Neuanfang mit einem Label, das Einsatz zeigt
Hinzu kommt die starke PR-Arbeit von NRT-Records: Labelchef und Head of Promotion Philipp Gottfried zeigt einmal mehr einen außergewöhnlichen Einsatz, der sich klar von der Masse abhebt – mit einer spürbaren Liebe zur Musik, die weit mehr zählt als der schnelle Euro. So kennt man NRT. Es überrascht daher kaum, dass die Minotauren hier ihre neue Burg, sprich: ihre neue Labelheimat, gefunden haben. Man muss sich nur Gottfrieds Faible für Female- und Male-fronted-Metalbands ansehen; auch die Legende Sunterra ist in diesem Hause wohnhaft. Minotaurus wirken dabei wie die etwas heller klingende Power-Metal- bzw, Mittelalter-Version dieser Ikonen – das sagt eigentlich alles.
Kritik von Carsten „Dehni“ Dehn
Mehr zu Minotaurus im Netz:
Minotaurus – Offizielle Webseite:
https://www.minotaurus-metal.com/
Minotaurus bei Facebook:
https://www.facebook.com/MinotaurusBand
Minotaurus bei den Musikdiensten:
https://fanlink.tv/minotaurus

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