Mit „Habitamos el vertedero“ schlägt El Destello eine härtere Richtung ein und liefert eine Sammlung von Songs, die bedrückender denn je wirken – nicht zuletzt durch die jüngsten Überschwemmungen in Valencia, die den thematischen Kern des Albums noch aktueller machen. Die Songs sind eine klangliche Reise durch prekäre Lebensverhältnisse, urbane Kälte und die Last des täglichen Überlebens, während sie gleichzeitig nach Befreiung und Selbstbestimmung suchen.
Zerbrechlichkeit trifft auf rohe Energie
Die sechs Stücke sind roh, unfertig und geprägt von einem DIY-Spirit, der jede Note authentisch wirken lässt. Knisternde elektrische Störgeräusche, eine Heimaufnahme mit niedrigster Klangqualität – all das trägt dazu bei, dass sich die Musik fast greifbar anfühlt. Das Album klingt so, wie das Leben vieler Menschen sich anfühlt: unsicher, ungeschönt und voller Herausforderungen.
Doch zwischen den düsteren Themen blitzt immer wieder eine unbändige Energie auf, die an den Sound von Bands wie Wipers erinnert – insbesondere im Song „Hacia algún lugar“, der wie ein ungestümer Aufbruch in eine ungewisse Zukunft wirkt.
Eine Momentaufnahme voller Widersprüche
„Habitamos el vertedero“ ist nicht nur ein Album, sondern auch ein offener Prozess. El Destello selbst beschreibt die sechs Tracks als unfertig, als einen Zwischenstand eines Projekts, dessen Zukunft ungewiss ist. Vielleicht ist genau diese Unsicherheit der Schlüssel: Musik als Spiegel einer Welt, die ebenso wenig fertig ist wie die Menschen, die in ihr leben.
Fazit: Roh, ehrlich und fesselnd
Mit „Habitamos el vertedero“ wirft El Destello einen schmerzhaft realistischen Blick auf urbane Misere und den ständigen Kampf ums Dasein. Die raue Produktion, die ungeschliffenen Klänge und die tiefgehenden Texte machen das Album zu einem intensiven, bewegenden Erlebnis. Es ist keine Musik für den Massengeschmack, sondern für diejenigen, die Echtheit über Perfektion stellen.
Autor: Martin „Otte“ Oertel